Kurzer geschichtlicher Überblick
Zwischen 1972 und 1974 wurden in Hessen im Rahmen der Gebiets- und Struktionalreform fast alle Gemeinden zu größeren Verwaltungseinheiten zusammen geschlossen. Im Neugliederungsgesetz vom 6. Februar 1974 wurde die Großgemeinde Selters (Taunus) mit den Ortsteilen Niederselters (Verwaltungssitz), Eisenbach, Münster und Haintchen gebildet. Oberselters kam unverständlicherweise zur Stadt Bad Camberg.
Am 1. Januar 1974 verloren Niederselters, Eisenbach, Münster und Haintchen ihre ehemalige Selbstständigkeit und am 27. Oktober 1974 wurde erstmals für die neugeschaffene Gemeinde Selters (Taunus) eine Gemeindevertretung gewählt.
Nach fast 40 Jahren lässt sich unumstritten feststellen, dass sich die Gemeinde Selters (Taunus) prächtig entwickelt hat. Ihre Infrastruktur ist intakt und vorzeigbar.
Ein Blick in die Geschichte der Ortsteile belegt eine interessante Entwicklung seit über 1200 Jahren.
Die über 1200-jährige Geschichte des Verwaltungshauptortes Niederselters ist vor allem geprägt durch den berühmten Seltersbrunnen und den Mineralwasserversand in alle Welt. Im Jahr 1536 wurde bei einem Grundstücksgeschäft erstmals ausdrücklich die Selters-Quelle erwähnt, und die ältesten bildlichen Brunnenansichten stammen aus dem 18. Jahrhundert. Die erste urkundliche Nennung erfolgte jedoch schon 772. In Urkunden des Klosters Lorsch und des Klosters Fulda wird Niederselters als Seltrisa oder Saltrissa genannt, was schon zu dieser Zeit, als Karl der Große das Frankenreich regierte, auf eine salzhaltige Quelle, ein Sauerbrunnen, schließen lässt.
Unter den Kurfürsten von Trier, an welche die Landeshoheit über Niederselters im Diezer Vertrag im Jahr 1564 übergegangen war, erlangte der Selterser Sauerbrunnen unter dem in viele Fremdsprachen übernommenen Namen "Selterswasser" Weltruf.
Im Jahr 1581 widmete der "Arznei Doctor und Stadtarzt der freien Reichsstadt Worms" Jakob Theodor Tabernaemontanus dem Selterser Sauerbrunnen zehn Seiten in seiner Brunnenchronik "Neuw Wasserschatz" und eröffnete damit die lange Reihe umfassender Schriften über das Selterswasser aus Niederselters. Tabernaemontanus nennt die gefasste Quelle "einen sehr großen schönen, herrlichen Sauerbrunnen zwischen dem Ackerfeld und Wiesental (heute gegenüber dem Bahnhof Niederselters), fein luftig in die Runde gefasst und oben zugewölbt. Er wirft zwei große dicke Brodel oder Quellen über sich, einem siedenden Kessel gleich, hat auch einen großen starken Auslauf, einen Arm dick, ist sehr hell, durchsichtig und klar wie Kristall, und hat einen über die Maßen lieblichen, anmutig sauren Geschmack. Der wird von den Leuten der umliegenden Orte heftig und in großer Menge zum täglichen Trunk geholt, da er auch von dem gemeinen Mann anstatt des Weines getrunken wird."
Über die Wirkung des Selterswassers schrieb der bedeutende Arzt des 16. Jahrhunderts auf 10 Seiten wahre Wunderdinge in einer nicht enden wollenden Lobpreisung.
Im Jahr 1609 berichtete der Limburger Chronist Johannes Mechtel in seiner "Limburger Chronik" von der Neufassung des "Sauerborns zu Niederselters"; 1669 erschien in Gießen die erste der heute in die Hunderte gehenden gänzlich dem Niederselterser Brunnen gewidmeten Druckschriften aus der Feder des Arztes Dr. Johann Wilhelm Mogen. Ihm folgten Dr. Johann Daniel Horst (1682), Prof. Dr. Friedrich Hofmann (1727), Prof. Dr. Christian Wilhelm Hufeland (1815), Dr. Fenner von Fenneberg (1824) u. v. a. m.
Kurtrier schützte den an der Grenze zu Nassau-Diez gelegenen Brunnen, der durch den hohen Selterswasserumsatz zu einer bedeutenden Finanzquelle geworden war, durch die Errichtung einer Kaserne im Jahr 1789, in der ein 25 Mann starkes Jägerkorps untergebracht war.
Nach dem Frieden von Nymwegen im Jahr 1678 begann die kurtrierische Verwaltung mit der Anlage von Pavillons und Parks rund um den Brunnen, wovon noch ein Rest in Form der heutigen Allee in der Brunnenstraße vorhanden ist.
Neben der eher unbedeutenden Trinkkur im Katholischen Niederselters betrieb Kurtrier - zunächst pachtweise und ab 1754 in eigener Regie - einen rasch sich ausdehnenden Wasserversand in Steinkrügen aus dem Kannenbäckerland bis nach Skandinavien, Rußland, Nordamerika, Afrika und sogar, wie für das Jahr 1791 bezeugt, bis nach Batavia in Ostindien. Der den Gefäßen nebst dem Landeswappen aufgeprägte Ortsname "Selters" schuf dann auch alsbald den Namen "Selters-Wasser" als einen Markennamen für Mineralwasser von Weltruf. Wasserversandmagazine wurden z. B. in Diez, Limburg, Ehrenbreitstein, Koblenz und Trier errichtet, zu denen hin sich ein bedeutendes Fuhrgeschäftswesen von Niederselters aus entwickelte, wo jährlich schon im 18. Jahrhundert über eine Million Krüge gefüllt und versandfertig gemacht wurden.
Im Jahr 1791 brachte das Wasserexportgeschäft bei Versand von einer Million Krügen der Trierer Staatskasse schon einen Reingewinn von 53463 Reichstalern ein. Im gleichen Jahr beschrieb der zuständige Trierer Amtmann Lamboy im Amtssitz in Limburg an der Lahn den Seltersbrunnen wie folgt: "In einer kleinen Entfernung von dem Ort liegt die weltberühmte Quelle des Selters-Mineral-Wassers, umringt von kleinen aber prächtigen Gebäuden und Spaziergängen". Den Ort selbst charakterisiert er als versehen "mit den schönsten geräumigen Gebäuden, ansehnlichen Wirtshäusern, breiten gepflegten Straßen und allem gleich einer Stadt geziert."
1803 verschwindet der Kurstaat von der politischen Landkarte, und der neue Eigentümer der Quellen, das Herzogtum Nassau, stellte nach 1806 allmählich den Kurbetrieb ein und entfernte den größten Teil der Parkanlagen. Ziel der Kureinstellung war die Intensivierung des Versandgeschäftes. Die nassauischen Domänenverwaltung machte die Niederselterser Wasserexporteinnahmen zum größten Einnahmeposten der herzoglichen Privatschatulle. Jährliche Reingewinne von mehr als 100000 Gulden waren keine Seltenheit, um 1850 wurden jährlich 3 Millionen Krüge mit Selterswasser gefüllt. 1857 wurde über der Quelle ein gußeiserner Pavillon errichtet, wo nach Plänen von Prof. Dr. Fresenius nun an Wasserhähnen gefüllt wurde.
Nach 1866 vertrieb das Königreich Preußen das Wasser als "Königlich-Selters" und errichtete im Jahre 1907 das heutige Brunnenhaus. Zwischen 1894 und 1955 pachtete die Firma Friedrich Siemens (später Siemens Erben) die immer noch weltberühmte und überaus ergiebige Seltersquelle. Im Jahr 1918 erhielt der Brunnen die Bezeichnung. "Staatsquelle Niederselters". 1955 wurde die Firma Lehnig aus Eschwege Pächterin des Brunnenbetriebes. Verpächter war das Land Hessen, das Rechtsnachfolger Preußens war. 1970 verkaufte Hessen den Brunnen an die Lehnig AG. 1976 übernahm die Kronenbourg Brauerei (Straßburg) die Niederselterser Quelle, die sofort einen neuen Erwerber suchte. Noch immer war das Selterswasser ein anerkanntes Heilwasser; es lindert Erkrankungen der Atemwege, der Lunge und des Magens, regt den Appetit an und verbessert die Verdauung, schrieben die Analytiker des 20. Jahrhunderts.
1977 erwarb die Brauerei Herrenhausen in Hannover den Selterser Mineralbrunnen und sorgte dafür, dass aufgrund bedeutender Investitionen der Umsatz stark gesteigert wurde. Zum Versand kamen das "Staatlich Selters Heilwasser" und das mit Kohlensäure künstlich angereicherte "Urselters Mineralwasser".
1990 kaufte die Selters Mineralquelle Augusta Victoria (Löhnberg, Radeberger) die historische Seltersquelle und verlagerte zudem ihre Limonaden- und Pepsi-Cola-Produktion nach Niederselters.
1999 wurde die Produktion am Brunnen in Niederselters eingestellt. Im Juli 2001 erwarb die Gemeinde Selters den historischen Brunnen. Mit Hilfe der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Hessen und europäischer Fördermittel wurde der Brunnentempel (erbaut 1906-1908) vollständig restauriert. In der ehemaligen Lagerhalle wurde ein Haustrunkraum eingerichtet, wo sich vor allem die Einwohner der Gemeinde Selters (Taunus) ihren Haustrunk holen können. Daneben entstand das Selterswassermuseum, in dem die fast 500-jährige Brunnengeschichte mit einer vielzahl von Dokumenten, Schriftstücken, Zeichnungen, Landkarten, Fotografien etc. eindrucksvoll dargestellt wird. Außerdem wurden in der alten Lagerhalle zwei Gesellschaftsräume sowie eine Kinderkrippe untergebracht. Ein Besuch lohnt sich.




Der Ortsteil Eisenbach, zu dessen Pfarrei St. Peter bis ins 16. Jahrhundert auch die Kirchengemeinde Niederselters als Filialkirchort gehörte, wurde 1234 von den Grafen Nassau-Diez an Nassau-Weilnau abgetreten und erhielt damals ein eigenes Schultheißengericht. 1326 kam Eisenbach an die Herrschaft Reinberg-Eichelbach. Diese trat 1405 eine Hälfte an Nassau-Saarbrücken ab, die allerdings nach 1427 (bis 1803) an Kurtrier kam. Die andere Hälfte fiel 1618 an Nassau-Diez zurück und ging 1648 an die Herren von Hattstein und zur Hälfte an die Herren von Metternich. Von 1664 bis 1754 fiel dieser Anteil an die Freiherren von Hohenfeld, die in Camberg ansässig waren. Diesen folgten bis 1803 die Freiherren von Schütz zu Holzhausen. Im gleichen Jahr kam die Ortschaft Eisenbach mitsamt dem Domanialhof Hausen an das Fürstentum Nassau-Weilburg, 1806 an das Herzogtum Nassau. Der Hof zu Hausen wurde 1822 Generalmajor August Freiherr von Kruse übergeben, der 1848 dort beerdigt wurde.
Noch im 19. Jahrhundert wurde in Eisenbach Bergbau betrieben, und in Niederselters befürchtete man, dass dadurch die Mineralquelle gefährdet werden könnte. In herzoglicher Zeit gehörte Eisenbach wie Niederselters zum Amt Idstein, 1867 kamen beide zum Untertaunuskreis mit dem Kreissitz Bad Schwalbach. In der preußischen Kreisreform 1886 wurden Eisenbach und Niederselters dem neugebildeten Kreis Limburg zugeordnet.


Der Ortsteil Münster fiel - vermutlich - schon im Jahr 993 n. Chr. als Bestandteil der Konradiner Erbmasse Kaiser Otto III. an das Domstift Worms, welches im Jahr 1194 die Grundherrschaft und die Pfarrei Münster dem Prämonstratenserkloster Arnstein an der Lahn schenkte. Dieses erhob Münster zum Verwaltungsmittelpunkt für seinen weltlichen und geistlichen Besitz im Laubusbachtal. Im Jahr 1596 erwarb die Herrschaft Wied-Runkel die um die Mitte des 16. Jahrhunderts evangelisch gewordene Grundherrschaft Münster, bei der Münster bis zur Einverleibung ins Herzogtum Nassau verblieb. Ein vor allem im 19. und 20. Jahrhundert stark angestiegener Bergbau um Münster und im naheliegenden Waldgebiet "Lange Hecke" ließ das Dorf zu einer bedeutenden Bergmannssiedlung werden, in dessen Grube "Lindenberg" bis zum Jahr 1970, dem Jahr der endgültigen Stilllegung, vierzigprozentiger Eisenstein gewonnen wurde.


Der Ortsteil Haintchen - erstmals nachweisbar 1388 erwähnt - kam ähnlich wie Eisenbach von Nassau-Diez an Nassau-Weilnau und später je zur Hälfte an Nassau-Dillenburg und das Kurfürstentum Trier, ehe er 1803 zu Nassau-Weilburg und 1806 zum Herzogtum Nassau kam. In nassauischer Zeit (1806 bis 1866) gehörte Haintchen zum Amt Usingen, erst 1932 kamen Haintchen und Hasselbach zum Kreis Limburg. Seine verkehrswirtschaftliche Knotenpunktlage an den uralten Handelswegen "Hessenstraße" und "Rennstraße" erklärt, weshalb der Heilige Nikolaus zum Kirchenpatron der sehr alten Pfarrei gewählt wurde, der der Beschützer der reisenden Kauf- und Fuhrleute seit dem Mittelalter ist. Ein Blick in die 1750 erbaute Haintchener Barockkirche lohnt sich.
Haintchens Kapital ist bis heute sein Waldreichtum geblieben. Nicht zuletzt deshalb ist Haintchen ein beliebter Ort für Wanderer und Erholungssuchende.


